Existenzkrise eines Jungbauern: ”Gelbe Sorte” von Robert Bramkamp
Die deutschen Bauern stecken seit Jahren in einer tiefgreifenden Existenz- und Strukturkrise, immer mehr kleine Höfe gehen pleite, immer mehr Landwirte geben den Beruf auf. Erstaunlich, daß jetzt auch die Redaktion Kleines Fernsehspiel, sonst bekanntlich eher auf ausgeflippte Outsider-Arbeiten ausgerichtet, diesen Themenkreis ins Visier nimmt. „Gelbe Sorte heißt der Debütfilm des nordrhein-westfälischen Nachwuchsfilmers Robert Bramkamp, der seinen Erstling mit Hilfe von Peter Nadermann vom ZDF und der Filmwerkstatt Münster auf die Beine stellen konnte.
Bramkamps Nachrichten aus der Provinz kommen nicht als simple Filmerzählung daher, sondern als ambitionierte Mischung aus inszenierten Spielteilen, die mit Dokumentaraufnahmen der chinesischen Kulturrevolution durchschossen sind und so dem Zuschauer intellektuelle Rätsel (was wollte der Autor damit sagen?) aufgeben. Im Mittelpunkt steht Jungbauer Bernd, der seinen kranken Vater auf dem Familienhof vertreten muß und dabei erkennt, daß die Pleite eigentlich nicht abzuwenden ist. Sein Freund Henry sieht das nicht so, er gibt die Parole aus: Die Nichtproduktion der Überschüsse darf sich von der Produktion des Bedarfs nicht erkennbar unterscheiden. Im Klartext heißt das, daß Bernd nicht mehr Schweine mästet, sondern zum Schein eine neue Sorte Getreide heranzüchtet und mit einem Rotterdamer EG-Lageristen ein betrügerisches Komplott schmiedet.
Über seinen Film sagt Robert Bramkamp nicht gerade leicht verständlich: Was ich vermeiden wollte: Pluralismus, „young designers“, Kracauers Erbe, Betroffenheit und bunte Landmaschinen. Eine Möglichkeit, die Figuren einer Erzählung ernst zu nehmen, besteht darin. ihre zweite Geschichte“ von denen erzählen zu lassen, die den „Kollektivsingular“ vertreten. Von zwei Liebesszenen ließe sich eine durch Industriefilm ersetzen. In der Erzählung von Francis und Bernd übernehmen Industriefilmpassagen ebenso wie Dokumente der chinesischen Kulturrevolution narrative Funktion. Man muß das banale Scheitern dem Zugriff der Betroffenheit entziehen und so lange geographisch und chronologisch verschieben, bis es in einer neuen Situation brisant wird.
Die Darsteller in Bramkamps Debüt sind Josef Drees, Christin König, Andreas Pieper, Heinrich Hüser und Bernhard Wutka.
K. W.
Copyright © Süddeutsche Zeitung, 1987