Biografie

(*1961) dreht seit 35 Jahren innovative Spielfilme, in denen das Verhältnis von Fakt und Fiktion immer wieder andere, faszinierende Verbindungen eingeht. Bramkamp, der seine Filme Prototypen nennt, wird von der Filmkritik gerne in die Nähe von Alexander Kluge gerückt, mit dem er mehrfach zusammengearbeitet hat, wie auch mit Friedrich Kittler, Jean-Marie Straub, Danièle Huillet und Thomas Pynchon.

In seinen Arbeiten verbindet er Dokumentar-, Essay- und Spielfilm und findet dabei unkonventionelle Perspektiven für ein thematisch weit gefächertes Erzählen.
Sein erster abendfüllender Spielfilm Gelbe Sorte (1987) handelt vom Überlebenskampf eines westfälischen Jungbauern. Jenseits von absehbaren melodramatischen Milieustudien erzählt der Film von einem raffinierten Subventionsbetrug, verbindet sich eine Verschwörungsgeschichte mit Industriefilm und rot-chinesischer Propaganda. Man muß das banale Scheitern dem Zugriff der Betroffenheit entziehen und solange geografisch oder historisch verschieben, bis es in einer neuen Konstellation brisant wird. (Bramkamp).

Eine andere Verschwörung geht in dem Kurzfilm Beckerbillett (1992) von Billetts aus, die eine geheime Währung auf den Markt bringen. Der Film wurde mit Arbeitern und Angestellten in der gleichnamigen Fabrik realisiert.

Ebenfalls on location entstand Der Mann am Fenster (1989), ein Kurzfilm in dem enttäuschte Bewohner einer Sozialbausiedlung den verantwortlichen Architekten mit Waffengewalt entführen und zu einem Bekenntnis nötigen.
Der Himmel der Helden (1987) erzählt von der Rettung eines US-Astronauten durch eine russische Kosmonautin (Cristin König), die ihn vom Mond zurückholt. Der dokumentarische Auftritt des christlich fundamentalistischen Apolloastronauten James Irving in Bielefeld erfährt dabei eine Neubewertung, die für kommende Marsmissionen wieder aktuell wird.

Ein Zukunftsfilm, schrieb Georg Seeßlen und anläßlich von Die Eroberung der Mitte (1995), einer ebenso komischen wie komplexen Auseinandersetzung mit dem Psychoboom: Jeder Bramkamp-Film ist ein kleines Werk der Befreiung, und weil das stets mit Glück verbunden ist, auch mit ein wenig Arbeit der Phantasie, können diese Filme auch ein bißchen süchtig machen. Im Mittelpunkt steht die therapiegeschädigte Wolke Donner (Karina Fallenstein), die zur Assistentin ihres einstigen Therapeuten Stroemer (Peter Lohmeyer) avanciert. Stromer betreibt die schamlose Ausbeutung außergewöhnlicher Fälle.

Am Anfangspunkt der experimentellen Film-Collage Prüfstand 7(2001) steht die »V 2«, die »Wunderwaffe« der Nazis, abgeschossen am 3. Oktober 1942, womit damals die erste Rakete der Technikgeschichte ins Weltall flog. Ihr Konstrukteur Wernher von Braun wurde nach Kriegsende, allen Vorwürfen der Involvierung in das Hitler-Regime zum Trotz, von den USA in eine leitende Position der NASA-Weltraumprogramme gehievt. Prüfstand 7 ist eine Charakterstudie der Rakete, in der das androgyne Wesen Bianca (Inga Busch) als Geist der Rakete seinen Ursprüngen nachspürt. Fiktive Anteile des Films basieren auf Motiven von Thomas Pynchons Roman Die Enden der Parabel, der erstmals verfilmt wurde. Bramkamps Film ist vieles in einem: ein großartiger Bilderpool zu Zusammenhängen zwischen Hightech und Holocaust, zwischen Furcht vor dem Sterbenmüssen, Unsterblichkeitswunsch und Todessehnsucht; ein Film der eine radikale Kritik daran ist, wie Geschichte in Kino, TV, Feuilleton aufbereitet wird und der zugleich selber eine umfassende Konzeption von Geschichte ist. (Michael Girke)

Sein dokufiktionaler Film »Der Bootgott vom Seesportclub« (Die 100 Me/1) (2005), in dem der ABMer Enki (Steffen ›Schortie‹ Scheumann) göttliche Seiten an sich entdeckt und eine unabsehbare Zusammenarbeit mit 100 internationalen Partnern eingeht, ist zugleich die Exposition für das Netzwerkprojekt: www.enki100.net.

Bramkamp lehrte 1996 am Pasadena Art Center (Los Angeles) und von 1998 bis 2005 an der Hochschule für Film und Fernsehen ‚Konrad Wolf’ (Babelsberg) Spielfilmregie. Seit 2008 ist er Professor für experimentellen Film an der Hochschule für Bildende Künste HfbK-Hamburg. 2013 organisierte er an der HfbK den filmpolitischen Kongress „Offensiv Experimentell“. Seit 1988 kooperiert er mit der Künstlerin Susanne Weirich, mit der er von 2010 bis 2014 den Science Fiction-Kinofilm „Art Girls“ produzierte.

In „Art Girls“ entdecken und erleben drei Berliner Künstlerinnen als erste die Symptome einer entstehenden kollektiven Intelligenz der Menschen – „eine der schönsten Erfahrungen, die man mit Kino machen kann“ (Georg Seeßlen) – www.artgirls.eu. Nach der Premiere auf den Internationalen Hofer Filmtagen und auf dem Int. Filmfestival Moskau (2014) wurde „Art Girls“ auf dem Int. Tamil Nadu Filmfest (Chennai, 2016) mit dem Preis der Jury ausgezeichnet. Der Film lief bundesweit in deutschen Kinos und wurde zur Grundlage einer 32-teiligen Videolecture „Innovative Filme Machen“, an der 2015 über 1200 Studierende aus dem deutschsprachigen Raum teilnahmen. 2017 wurde die Lecture Series in überarbeiteter Form veröffentlicht von der Hamburg Open Online University.

Erweitert wird der Online Zusammenhang durch eine WIKI und einen von Bramkamp initiierten filmpolitischen HfbK-Kollektivfilm „Dazu den Satan zwingen“, der 2017 in der Akademie der Künste Berlin und auf dem Filmfest Hamburg Premiere feierte.

Bramkamp ist Mitglied der Deutschen Film Akademie – Sektion Regie, Mitglied im Kuratorium des Bundesverbandes kommunale Filmarbeit und im Vorstand der Gesellschaft für Kultur und Raumfahrt e.V.

Offizielle Homepage: www.bramkamp.info

Robert Bramkamp in der Wikipedia

Innovative Filme Machen

Robert Bramkamp / HfbK